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TOPIC 2010

 

Intentionen

Astrophysik und (Medien-) Kunst sind in der Alltagswahrnehmung mehrheitlich von dem Vorurteil bestimmt, weltabgewandt zu sein. Dieses Vorurteil hat seinen Platz und seine Quelle in einer Art alltäglichen "Kirchturmdenkens", das Anschauung gern zur Bestimmung wandelt, wonach die Welt sei, worauf der Blick (vom Kirchturm) fällt; so geht die Sonne auch 2010 noch vorkopernikanisch auf, als wäre nichts geschehen. Realiter aber hat in den vergangenen 500 Jahren keine andere Disziplin das Weltbild im Widerstand gegen das Kirchturmdenken (und die in diesem Zeichen stehende Verwaltung und Gestaltung der Alltagswirklichkeit) mehr bestimmt als die Astronomie. Sie ist gleichsam der wissenschaftliche Inbegriff für den Verzicht auf Selbsttäuschungen und auf Weltbilder, die der Täuschung bedurften. Im "Widerstand" haben Kunst und Wissenschaft einen ihrer gemeinsamen historischen Nenner (den beispielsweise Peter Sloterdijk in "Kopernikanische Mobilmachung und ptolemäische Abrüstung. Ästhetischer Verstand" elaboriert hat). Nach wie vor zeichnet diese Haltung, die gegen die Bestimmung, wie die Welt sei, deren Befragung und Beobachtungen setzt und damit auch den Frageapparat einer beständigen Revision unterwirft, beide Disziplinen aus.

Mittels Methoden, Techniken und Erkenntnissen sowie kooperativen Strategien von Kunst und Astrophysik wollen wir genau das in einen Erfahrungszusammenhang bringen, was vermeintlich von diesen Disziplinen entrückt existiert – wir nennen es Alltag. Dieses Ziel ist gewissermaßen die Achse, um die sich das Vorhaben all://tag (Arbeitstitel) dreht.

Wir sehen in diesem Vorhaben weniger die Gelegenheit, eine vorgefasste Idee ins Werk zu setzen, sondern vielmehr ein "Forschungsprojekt", dem eine (künstlerische) Absicht – die "kopernikanische Enttäuschung" des Alltages – im Sinne einer (wissenschaftlichen) Arbeitshypothese zugrunde liegt.

Dazu gehört auch die Absicht, für die oft beschworene Verschränkung von Wissenschaft mit Kunst die Probe auf ein Exempel zu machen, das über die übliche Dienstleistung hinaus führt. Es geht also auch um Entwurf und Entwicklung kooperativer Strategien, durch die ev. für Wissenschaft wie Kunst gleichermaßen relevante Erkenntnisse gewonnen (und nicht nur jeweils eigene Vorstellungen mithilfe fremder Methoden verwirklicht bzw. verdeutlicht) werden. Vorträge – etwa zur Physik im (öffentlichen) Rahmen der Vorlesungen zur Musikwissenschaft oder (vice versa) im Rahmen mit "Kunst und Kultur" assoziierter Veranstaltungsprogramme und Lokale werden als begleitende Maßnahmen ebenso ins Auge gefasst wie Diplomarbeiten zum Thema.

Bei den Orten, an denen das Projekt zu Tage treten soll, handelt es sich um Judenburg, Graz und Bairisch Kölldorf – um Gemeinden, in denen die Autoren des Konzepts auf verschiedene Weise engagiert sind, und deren Engagement infrastrukturelle und personelle Vorzüge bedeuten.

 

ALL://TAG

Interdisziplinäre Projektkooperation

zwischen Liquid Music - Judenburg,
dem Institut für Astrophysik
und der Abteilung Popmusik und Medienkunst
am Instituts für Musikwissenschaft an der
Karl-Franzens-Universität Graz

Zeitraum 2010 + 2011