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KONTINGENZKULTUR
Elisabeth List

ABSTRACT

Eine Kultur der Kontingenz (im weitesten Sinn von Zufälligkeit und Möglichkeit) bedeutet mehr als das bloße Wissen um die Kontingenz allen Handelns und Wissens. Sie müsste neue Utopien und Lebensprogramme hervorbringen, die ein kreatives und produktives Umgehen mit Kontingenz in die Wege leiten. Das setzt voraus, dass Kontingenzen, die uns bestimmen, konkret benannt werden und dass man sich ihnen aussetzt. Erst dann können produktive Ideen eine Kultur der Kontingenz entstehen.

Die elementarste Erfahrung von Kontingenz ist die Erfahrung von Grenzen, die dem Leben in seiner Materialität gesetzt sind. Doch nicht nur unsere Physische Existenz, sondern unser ganzes Leben ist eine Abfolge von Kontingenzen, und deshalb unweigerlich ein Prozess, der uns nötigt, Kontingentes zu bewältigen, zu bearbeiten, zu leben, zu genießen.

Kontingenz heißt nicht nur Leben in Grenzen, sondern ein Leben ins Offene. Sie begegnet als das Unberechenbare, das Erschreckende, das Überraschende. Der Raum des Kontingenten ist mithin der Raum von Kunst überhaupt, sofern sie sich nicht als Kunst des Festhaltens und des Wiederholens versteht.

Das Kontingente ist, wenn man sich im Gewohnten niedergelassen hat, immer ein Einbruch ist das Selbstverständliche. Das wird als schmerzhaft erlebt, wenn die unerwarteten Änderungen einen Verlust an Lebensmöglichkeiten mit sich bringen.

Aber der viel größere Bereich des Kontingenten sind die offenen Möglichkeiten, in denen wir uns bewegen. Warum bleiben sie uns verschlossen?  Das ist die Folge unserer Ökonomie der Wahrnehmung, die sich auf das festlegt, was in der Situation, in der man sich befindet, wichtig ist. Wir werden zu Sklaven der Gewöhnung.

Es bedarf einer neuen Kultur der Wahrnehmung, wir müssen lernen, anders wahrzunehmen. Die asiatischen Meditationsschulen empfehlen den Weg der meditierenden Loslösung aller Bindungen ans Reale, um in den Zustand der reinen Leere zu gelangen. Man muss aber nicht den Weg der Meditation gehen. Man nimmt sein Instrument in die Hand, um einen neuen Sound, mit einer neuen Umgebung  auszuprobieren. Improvisation ist die Reinform dieser Wahrnehmungsweise.
E.L..



Biografie

Elisabeth List
* 1946, St. Veit an der Glan (Kärnten). Elisabeth List ist a.o. Professorin für Philosophie an der Karl Franzens Universität Graz. Sie absolvierte das Studium der Philosophie, Geschichte und Soziologie in Graz, Konstanz und Berlin. Promotion 1971, Habilitation 1981.

Elisabeth List ist seit 1995 Leiterin der Arbeitsgruppe "Theorie, Kultur und Kritik" – Theorie der Kulturwissenschaften unter Berücksichtigung der interdisziplinären Kulturforschung am Institut für Philosophie; seit Jänner 1998 Leiterin der Arbeitsgruppe Kulturwissenschaften der Geisteswissenschaftlichen Fakultät an der KFUG; seit 1999 Vorstandsmit­glied der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland, AGPD.

Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassen Wissenschaftstheorie, Theorie der Sozial- und Kulturwissenschaften, Gesellschaftstheorie, Feministische Theorie, Theorien des Lebendigen und Philosophische Anthropologie, insbesondere Theorien der Leiblichkeit und Grenzerfahrungen der Leiblichkeit (Krankheit, Behinderung).

Publikationen (Auswahl)
• Denkverhältnisse. Feminismus und Kritik (Hg), Frankfurt am Main 1989 • Die Präsenz des Anderen. Theorie und Geschlechterpolitik, Frankfurt am Main 1993 • Grundlagen der Kulturwissenschaften. Interdisziplinäre Kulturwissenschaften,  Stuttgart 2004 • Vom Darstellen zum Herstellen. Eine Kulturgeschichte der Naturwissenschaften, Weilerwist 2007 • Ethik des Lebendigen, Weilerwist  2009 • Grenzen der Autonomie (Hg. Mit Harald Stelzer), Weilerwist 2010



www.uni-graz.at/elisabeth.list/